Chicxulub-Meteoriteneinschlag: Suche nach den Auswirkungen auf das Leben

Der Chicxulub-Krater im Norden der Halbinsel Yucatán in Mexiko ist der einzige bekannte Krater auf der Erde, der direkt mit einem Massensterben in Verbindung gebracht wird. Die durch den Einschlag entstandenen Ablagerungen lassen sich auf der ganzen Welt nachweisen. Zudem gilt der Krater mit einem Durchmesser von 200 Kilometern, der vor 66 Millionen Jahren durch einen Meteoriteneinschlag entstand, als relativ gut erhalten – obwohl (oder gerade weil) er unter mehrere hundert Metern von Sediment und Gestein vor der Küste Mexikos begraben liegt.

Bis zum Einschlag des Meteoriten haben Dinosaurier und marine Reptilien die Erde bevölkert. Eine Serie von katastrophalen Ereignissen, die auf den Einschlag folgten, hat zwar das Aussterben von allen größeren Tieren verursacht. Drei Viertel aller lebenden Tier- und Pflanzenarten sind damals ausgestorben. Letztendlich hat der Einschlag aber auch dazu beigetragen, dass sich Säugetiere und schließlich auch die Menschheit entwickeln konnten.

Tiefbohrung im Chicxulub-Einschlagskrater

Ein internationales Wissenschafterteam hat im April und Mai dieses Jahres eine Tiefbohrung im Chicxulub-Einschlagskrater – dem „sogenannten Dino-Killer“ – durchgeführt. Dabei wurden Bohrkerne mit einer Gesamtlänge von über 830 Metern gewonnen, die jetzt am Zentrum für Marine Umweltwissenschaften der Universität Bremen (MARUM) untersucht werden. Das internationale Team untersucht die Bohrkerne im Detail, um besser zu verstehen, wie sich ein Einschlag auf die Erde und das Leben ausgewirkt hat.

Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass es Spuren mikrobiellen Lebens nach dem Einschlag gibt. Anhand der Bohrkerne können die Wissenschafterinnen und Wissenschafter außerdem nachvollziehen, wie der so genannte „Peak Ring“ (der innere Ring von mehreren) des Kraters entstanden ist.

Details zum Chicxulub Peak Ring untersucht

Etwa 120 Meter der Gesteinsabfolge bestehen aus Kalksteinablagerungen, die zwischen 66 Millionen und rund 50 Millionen Jahren entstanden sind. Darunter finden sich weitere 120 Meter aus zerbrochenen und geschmolzenen Gesteinen die beim Impakt entstanden sind und die einen Gebirgsring bedecken – den so genannten „Peak Ring“, der das Zentrum des Kraters umgibt. Laut den wissenschaftlichen Leitern der IODP-Expedition, Prof. Joanna Morgan aus Großbritannien und Prof. Sean Gulick aus USA, gibt es Anzeichen dafür, dass heißes und salzreiches Wasser durch die den „Peak Ring“ bedeckenden zerbrochene und aufgeschmolzenen Gesteine zirkuliert ist, nach dem ein hydrothermales System entstanden ist.

Mikrobielles Leben im Krater

Das Team hat auch herausgefunden, dass sich mikrobielles Leben im Krater entwickeln konnte – vermutlich die Chemie und poröse Beschaffenheit des zerbrochenen und geschmolzenen Gesteins nutzend. Die insgesamt 31 Wissenschafterinnen und Wissenschafter haben außerdem festgestellt, dass die Ablagerungen, die den Krater bedecken, jene kritischen Zeitintervalle enthalten, als sich das Leben im Meer nach dem Einschlag erholt hat – trotz der toxischen Umstände, die nach dem Einschlag für eine gewisse Zeit nach dem Aufprall geherrscht haben.

CT-Scans der ungeöffneten Bohrkerne

Nach der Offshore-Phase im Frühjahr wurden mit einem medizinischen Computertomographen in Houston (USA) CT-Scans der noch ungeöffneten Bohrkerne angefertigt. Im MARUM werden die Kerne jetzt der Länge nach in zwei Hälften gesägt – jeweils eine Arbeits- und eine Archivhälfte. Aus der Arbeitshälfte werden nach gründlicher Beschreibung ausgewählte Proben genommen, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach IODP-Standards an der Universität Bremen untersuchen und in den kommenden Monaten und Jahren in ihren Heimatlaboren noch weiter analysieren werden. An den Archivhälften werden zerstörungsfreie Messungen durchgeführt, ansonsten bleiben diese für künftige Studien intakt.

NHM Wien-Generaldirektor Prof. Christian Köberl aus Österreich über die Bohrungen:

Die IODP-ICDP-Bohrung im Chicxulub-Krater ist ausgesprochen erfolgreich verlaufen. Durch die geschickte Wahl der Bohrlokalität ist es gelungen, Gesteine die sich normalerweise in fast unerreichbarer Tiefe befinden, zu erreichen. Die Untersuchungen erlauben uns zum ersten Mal Aufschlüsse über die dynamischen Prozesse bei der Entstehung derart großer Einschlagskrater.

NHM-Wissenschafter Dr. Ludovic Ferriére, einziger österreichischer Forscher des Science-Teams in Bremen:

Ich bin sehr stolz, Österreich in diesem internationalen Projekt repräsentieren zu können. Basierend auf den vorläufigen Untersuchungen, die hier in den letzten Wochen fertiggestellt wurden, freue ich mich sehr, jetzt wieder ans NHM Wien zurück zu kommen, um die bevorstehende harte Arbeit an den ca. 350 Proben zu beginnen, die ich ausgewählt habe. Halten Sie sich bereit für die Entdeckungen, die bald erfolgen…

[box type=“info“]Organisiert, finanziert und realisiert wird die Chicxulub-Expedition vom Europäischen Konsortium für wissenschaftliches Ozeanbohren (ECORD). Sie ist ein Beitrag zum International Ocean Discovery Program (IODP), in dem europäische Staaten neben anderen mit Japan und den USA zusammen arbeiten. Diese Expedition wird auch vom International Continental Scientific Drilling Program (ICDP) unterstützt. Die Expedition wäre nicht möglich gewesen ohne die Unterstützung von mexikanischer Seite – sowohl seitens offizieller Stellen als auch von Wissenschafterinnen und Wissenschaflern verschiedener Institutionen.[/box]

Links

de.wikipedia.org/wiki/Chicxulub-Krater

www.iodp.org

Foto: NHM Wien

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