Steirische Flüsse brauchen mehr Platz

Fluss Steiermark Hochwasserschutz

Die Schäden durch Flusshochwässer in Österreich werden aufgrund des Klimawandels um sagenhafte 464 bis 1.317 Prozent steigen, warnt das Joint Research Centre der EU-Kommission (Studie von 2017). Besonders gefährdet sind Flusstäler unseres Landes, weil in Österreich seit 1950 jeden Tag zwei Hektar wertvoller Wiesen, Äcker und Auwälder verbaut wurden, in Summe eine Fläche von 435 Quadratkilometern, größer als die Stadt Wien.

Eine Studie im Auftrag des WWF, in der die Entwicklung in Österreichs großen Flussräumen erstmals umfassend analysiert wurde, kommt zum Ergebnis: Die verlorenen Flächen sind nicht nur ökologisch wertvoll, sie können als unverbaute Rückhalteräume auch die Hochwassergefahr senken. Geht diese Entwicklung ungebremst weiter, droht der Flussinfarkt und eine weiter steigende Hochwassergefahr in Österreich.

Österreich steuert auf einen Flussinfarkt zu

Geht die Entwicklung ungebremst weiter, steuert Österreich laut WWF auf einen Flussinfarkt zu. Bis 2070 würden weitere 211 km2 (+29%) an Siedlungsflächen in den Flussräumen dazu kommen. Der WWF stellt in seiner Studie ein nachhaltiges Entwicklungsszenario für Österreichs Flüsse vor, die sogenannte WWF-Flüssevision. In dieser werden die Ansprüche von

  1. Schutzwasserwirtschaft
  2. Ökologie und
  3. Erholungsnutzung

integriert betrachtet. Weiters wird gezeigt, dass durch die Reduktion des Flächenverbrauchs auf ein Viertel insgesamt 143 Quadratkilometer an potentiellen Überschwemmungsflächen bewahrt werden und den Flüssen rund 56 Quadratkilometer an zusätzlichem Abflussraum zurückgegeben werden können. Dadurch gewinne Österreich pro Jahr 100 Hektar an intakten Flussräumen als Lebensraum für gefährdete Arten, als Rückhalteraum zur Hochwasser- und Dürre-Vorsorge und als attraktiven Erholungsraum.

Flüsse in der Steiermark besonders betroffen

Hochwasser Mur Graz

In der Steiermark wurden Referenzstrecken an den Flüssen Mur, Mürz, Raab, Kainach, Enns und Salza untersucht. Hier sind die Flüsse besonders betroffen, wo seit 1870 fast 150 Quadratkilometer ökologisch wertvoller Flächen, die auch der Hochwassersicherheit dienen könnten, verschwunden sind.

  • Flusshabitate sind um 32 Prozent zurückgegangen,
  • Moore, Brachen und Feuchtwiesen sogar um 84 Prozent.
  • Der Anteil an produktiven landwirtschaftlichen Flächen in den Flussräumen zeigt im Vergleich zu 1870 keine große Veränderung.

Werden keine Gegenmaßnahmen ergriffen, droht die bebaute Fläche in überschwemmungsgefährdeten Flussräumen um weitere 45 Quadratkilometer zu wachsen – das ist mehr als die Fläche der gesamten Stadt Bruck an der Mur..

Die WWF-Flüssevision dagegen sieht für die Steiermark eine weitere Bebauung von maximal 21 Quadratkilometern vor. Zudem besteht an den großen Flüssen der Bedarf für 8 Quadratkilometer an Flussaufweitungen.

Angesichts der vorliegenden Daten fordert der WWF eine energische Trendwende ein. Der Flächenverbrauch in den Flussräumen muss in Zukunft drastisch auf ein Viertel reduziert werden.

Durch den enormen Flächenverbrauch ist die Hochwassergefahr dramatisch gestiegen, denn viele natürliche Überschwemmungsflächen, etwa an Mur, Mürz oder Raab, sind unter Beton und Asphalt verschwunden. Diese Flächen fehlen heute, um der steigenden Hochwassergefahr zu begegnen. Auch viele ehemals häufige Arten unserer Flusslandschaften haben ihre Lebensräume verloren und sind heute selten und gefährdet.

beschreibt Gerhard Egger vom WWF diese Entwicklung.

Studie untersuchte 49 größte Flüsse Österreichs

Donau Fluss Wachau

Für die Studie wurde die Flächennutzung in den Abflussräumen der 49 größten Flüsse Österreichs von 1870 bis 2010 anhand historischer Karten und Luftbilder untersucht (3.300 Quadratkilometer). Die Ergebnisse offenbaren die tiefgreifende Veränderung der Flusslandschaften:

  • Die Fläche von Gewässern und Uferzonen ist um 146 Quadratkilometer (31 Prozent) zurückgegangen.
  • Besonders dramatisch sind die Rückgänge von Wiesen, Mooren und Brachen (Verlust von rund 600 Quadratkilometern oder 82 Prozent).
  • Offenlandflächen sind um 25 Prozent geschrumpft.
  • Seit dem Jahr 1980 sinkt auch die intensiv genutzte landwirtschaftliche Fläche deutlich (minus 145 Quadratkilometer).
  • Enorm gestiegen ist im selben Zeitraum der Anteil von bebautem Gebiet: Siedlungen, Infrastrukturflächen und versiegelte Flächen haben in den letzten 150 Jahren um 500 Prozent (in Zahlen: 721 Quadratkilometer) zugenommen.

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