Abschiedsbriefe von Mary Vetsera gefunden

Im Safe der Schoellerbank wurde bei einer Archivrevision ein Verwahrstück aus dem Jahr 1926 entdeckt: Eine unbekannte Person hatte in einem Ledereinband zahlreiche Lebensdokumente, Briefe und Fotografien der Familie Vetsera deponiert, darunter Abschiedsbriefe von Mary Vetsera aus dem Jahr 1889, die bislang als vernichtet galten. Diese historisch bedeutsamen Dokumente zur Tragödie von Mayerling kamen nun als Dauerleihgabe an die Österreichische Nationalbibliothek. Kronprinz Rudolf und seine Geliebte begingen im Jagdschloss von Mayerling am 28. Jänner 1889 gemeinsam Selbstmord.

mary vetsera
Mary Vetsera

Ein 1926 deponierter brauner Ledereinband, den die Archivarin der Bank Dr. Sylvia Linc im Zuge einer Revision des Archivs entdeckt hat, enthielt eine Reihe von geschichtsträchtigen Dokumenten, die bis dato als vernichtet galten. Besonders bemerkenswert: die Abschiedsbriefe von Mary Vetsera aus Mayerling an die Mutter Helene, die Schwester Hanna und den Bruder Feri, die sich in einem Originalkuvert mit Siegeln des Kronprinzen Rudolf befanden.

Der Wortlaut dieser Abschiedsbriefe war bisher nur zum Teil aus der Denkschrift ihrer Mutter Helene bekannt. Der Verbleib der Originale war bis zu diesem Fund ungeklärt. Bislang wurde angenommen, die Briefe wären nach dem Tod der Mutter vernichtet worden, da diese ihrer Schwiegertochter das Versprechen abgenommen hatte, alle sich auf die Tragödie von Mayerling beziehenden Schriftstücke zu beseitigen. Den nun aufgetauchten Originalen kommt daher ein ganz besonderer Stellenwert für die historische Forschung zu.

Der Einband enthält neben diesen drei Abschiedsbriefen eine Reihe von weiteren bedeutenden Dokumenten: den Taufschein von Maria Alexandrine Freiin von Vetsera, genannt Mary Vetsera, den Taufregisterauszug für ihre Schwester Johanna (Hanna) Vetsera, der die Hochzeitsdaten der Eltern enthält, den Totenschein in zweifacher Ausfertigung und einen langen, bislang unbekannten Brief von Hermine Tobis, der Klavierlehrerin Mary Vetseras, an Marys Schwester Hanna.

kronprinz rudolf
Kronprinz Rudolf

Diese historisch bemerkenswerten Dokumente rund um Mary Vetsera und ihren mysteriösen Tod kamen nun als Dauerleihgabe an die Österreichische Nationalbibliothek, wo sie derzeit konservatorisch versorgt, katalogisiert und digitalisiert werden. Ab August 2015 stehen sie der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung. In der für 2016 geplanten Ausstellung zum 100. Todestag Kaiser Franz Josephs werden ausgewählte Objekte im Prunksaal der Österreichischen Nationalbibliothek erstmals öffentlich gezeigt.

Mary Vetseras Abschiedsbriefe im Wortlaut

Liebe Mutter –
Verzeih mir was ich gethan. –
Ich konnte der Liebe nicht wiederstehen. In Übereinstimmung mit Ihm will ich neben Ihm im Friedhof von Alland begraben sein. –
Ich bin glücklicher im Tod als im Leben. Deine
Mary

Mein lieber Feri –
Leider konnte ich Dich nicht mehr sehen. Leb wohl, ich werde von der – anderen
Welt über Dich wachen weil ich Dich sehr lieb habe. –
Deine treue Schwester
Mary

Meine liebe Hanna –
Wenige Stunden vor meinen Tod will ich dir adieu sagen. Wir gehen beide selig
in dass ungewisse Jenseits. Denk hie und da an mich Sei glücklich, und heirathe
nur aus Liebe. Ich konnte es nicht thun und da ich der Liebe nicht wiederstehen
konnte so gehe ich mit Ihm
Deine Mary

P.S. Vergiss nicht den Starl den Ring zu senden, ich lasse ihn grüssen und denke
sein in treuer Freundschaft. Der Bratfisch hat uns gestern ideal vorgejodelt, ich
habe ihm meine Uhr und Mondstein Ring geschenkt. Die Familie Hulka ist ganz
unschuldig, ich habe alles aus freiem Willen und ohne Hilfe gethan. –
Sag dem Eder dass ich nicht singen kann nächsten Samstag. –
Meinen Schmuck vertheile ungefähr so wie du es am besten findest. –
Weine nicht um mich ich gehe fidel hinüber –
Den monsieur D. lass ich grüssen und lasse mich bei den Spatenbräu Rendezvous
entschuldigen. – Es ist wunderschön hier draussen man denkt an Schwarzau. Der
Philipp Coburg jagt heute hier leider ist die schöne Louise nicht mit. Denk an die
Lebenslinie in meiner Hand! Jetzt nochmals leb wohl! Richtig lass die Tobisslin
grüssen. Vergiss nicht alle Jahre am 13 Jänner und am Jahrestag eine Gardenia auf
mein Grab zu senden und zu oder zu bringen Als letzten Wunsch einer
Sterbenden bitte ich die mama für die Familie Hulka auch fernerhin zu sorgen,
damit sie nicht durch meine Schuld leiden.
Mary Vetsera

schloss mayerling
Das Schloss Mayerling in Niederösterreich südwestlich von Wien. Das seit 1550 im Besitz des Stifts Heiligenkreuz befindliche Anwesen wurde 1886 von Kronprinz Rudolf erworben und zum Jagdschloss umgebaut.

 

Quelle: ONB, Fotos (c) ONB

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